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In der Delta One-Business Class über den Atlantik


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ATLANTA - Für alle Abflüge mit Delta aus Amsterdam, wichtiges Drehkreuz für den Skyteam-Partner, gibt es ein besonderes Prozedere vor dem Einsteigen. Alle Abfluganzeigen und sogar die Bordkarte geben nicht das wirkliche Abfluggate an, sondern ein spezielles Gate, an der alle USA-Fluggäste einer Befragung unterzogen werden.

Soweit ich sehen kann gibt es das nur bei Delta, zumindest in diesem Ausmaß. D1 ist ein solches Befragungs-Gate, auch mit einer eigenen Wartelinie für Skyteam Priority-Kunden, also solche mit hohem Vielflieger-Status oder Business-Ticket. Doch hier ist es vor der mittäglichen Abflugs-Spitzenzeit für Transatlantik-Flüge recht voll.

Airline
Delta Air Lines
Flugzeugtyp
Airbus A330-300
Kabine
Business Class
Datum
14. Mai 2017
Route
Amsterdam - Atlanta
Flug
DL75
Zum Glück hatte mir das sehr kompetente KLM-Personal in der Schengen-Crown Lounge, die zunächst elegant einige Probleme mit meinem Ticket lösten, verraten, dass es einen zweiten Befragungs-Tresen gleich neben der Crown Lounge im internationalen Bereich gibt. Dort komme ich zügig dran, der Mitarbeiter weiß sogar dass mein Ticket umgebucht wurde und fragt warum (Verspätung am Vortag).

Erst nach zufriedenstellend beendeter Befragung klebt er einen grünen Punkt auf meinen Pass und schreibt das tatsächliche Boarding Gate auf meine Bordkarte. Ich kann noch einige Zeit in der großzügigen KLM-Lounge arbeiten, bevor es Zeit zum Einsteigen ist.

Delta Air Lines Airbus A330-300
Delta Air Lines Airbus A330-300, © Delta

Eine große Menschentraube drängt sich in die verschiedenen Einsteigespuren am Gate, offenbar auch viele in die Sky Priority-Spur, die hier eigentlich nicht hingehören. Trotzdem geht es zügig voran. Delta hat nach der Fusion mit Northwest eine große Anzahl Airbus A330 übernommen, und auch das heute eingesetzte elfjährige Flugzeug trägt in seinem Kennzeichen N814NW deutlich einen Hinweis auf seine Herkunft.

2008 hat Delta ihr neues Business-Produkt Delta One eingeführt, das seit 2014 auf ausnahmslos allen rund 150 Delta-Langstreckenjets zu finden ist. Dabei handelt es sich um eine Business-Kabine mit 34 Sitzen in 1-2-1-Anordnung im umgekehrten Heringsgräten-Muster, das heißt der Blick von den Einzelsitzen richtet sich nach draußen aus dem Fenster.

Einen solchen Fensterplatz hätte ich gern gehabt, denn gerade auf Tagflügen möchte ich gern selbst Herr über das Tageslicht an meinem Platz sein. Durch meine kurzfristige Umbuchung aber bekomme ich leider kein Fenster mehr, sondern Platz 7G, im hinteren Teil der Business-Kabine in der Mitte.

Die beiden Mittelsitze stehen jeweils an den Fußenden nahe zusammen, während die Sitzflächen weit voneinander entfernt sind und man seinen Nachbarn durch die geschickt geschwungenen Wände als Sichtblenden kaum sieht.

Delta One Business Class
Delta One Business Class, © Andreas Spaeth

Ein echtes Manko der Sitze ist der mangelnde Stauraum, meine Schuhe lege ich schließlich in die Gepäckfächer an der Kabinendecke, meine Zeitungen auf den Boden vor dem Sitz, das Laptop hole ich nur zum Arbeiten kurz hervor und verstaue es dann wieder im Handgepäck.

Delta One ist trotzdem von der Hardware her ein Produkt, das viele Angebote auch europäischer Airlines deutlich übertrifft, etwa das der Lufthansa, die in der A330 Business-Kunden weiterhin 2-2-2 pro Reihe anordnet. Es ist für manchen Europäer überraschend, dass heutzutage die wieder gut verdienenden US-Gesellschaften erneut Vorreiter bei Produktinnovationen sind.

Das zeigt sich derzeit sowohl bei Delta, die ab Herbst eine der ersten Business-Suiten mit Schiebetüren (Delta One Suite) in der A350 auf den Markt bringt als auch United mit ihrem Polaris-Produkt. Was Amerikaner im Idealfall aber klar am besten können ist, den richtigen Ton zu treffen um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen.

Ich habe kaum mein Handgepäck verstaut, als ich wie üblich für diese Kolumnen ein paar Fotos mache. Das ist oft nicht gern gesehen, gerade bei Crew-Mitgliedern, die vor dem Start möglichst alle schnell in ihren Sitzen sehen wollen.

Delta One Business Class
Delta One Business Class, © Andreas Spaeth

Ganz anders hier: Burt, ein Flugbegleiter, kommt auf mich zu und bietet mir gleich an, mich in meinem Sitz zu fotografieren. Und ich solle doch unbedingt noch ins Cockpit gehen, um vor dem Start dort ein paar Bilder zu machen. Ich hatte Burt zuerst gar nicht erkannt als Besatzungsmitglied, denn statt Uniformhemd und Krawatte trägt er einen dunkelgrauen Navy-Pullover, nur ein ganz kleines Schildchen mit Delta-Logo und seinem Namen zeigt seine Funktion.

"Das ist Teil unserer Winter-Uniform", erklärt Burt lachend als ich danach frage, "ich liebe das, weil es so bequem ist." Und wo wir schon beim Plaudern sind, wohlgemerkt kurz vor Abflug, wo sonst große Hektik herrscht, und auch dieser Flug ist voll, fragt er mich: "Willst Du ein Bier?".

Ich bin verdutzt, mir ist warm, also sage ich ja, und gleich kommt Burt mit einer Dose eiskaltem Heineken, schließlich sind wir in Amsterdam, und ohne Glas. Wie zu Hause in der Küche, ein schnelles Bier aus der Dose. So spontan willkommen gefühlt habe ich mich als Passagier an Bord eines Flugzeugs schon lange nicht mehr.

Ich probiere dann auch noch ein Glas Sekt, der danach vom Tablett gereicht wird. US-Airlines haben in Business Class die seltsame Angewohnheit, Champagner ausschließlich nur in der Luft auszuschenken, Delta hat sogar extra halbgroße Flaschen Sekt für vor dem Abflug an Bord. Schmeckt aber recht ordentlich im Vergleich zu Preflight-Plörren, die mir andere amerikanische Airlines schon vorgesetzt haben.

Delta One Business Class
Delta One Business Class, © Andreas Spaeth

Unser Flug hat 40 Minuten Verspätung, der Kapitän sagt durch, das wir nach achteinhalb Stunden Flugzeit trotzdem noch pünktlich sein werden am nach Passagieren größten Flughafen der Welt in Atlanta. Bereits vor dem Start nimmt die Besatzung auch die Bestellungen für die Hauptgerichte zum Mittagessen auf, ebenfalls sehr effizient.

Nach dem Abheben kommt zügig ein Mix gewärmter Nüsse, dazu trinke ich ein Glas Champagner Gardet Brut Premier Cru. Schon hier fallen mir die stilvollen Gläser auf, später sehe ich noch ausgefallener gestylte Rotwein- und Cocktailgläser. Alles Teile der Alessi for Delta Collection, einer erst seit April dieses Jahres eingeführten Linie an Besteck, Geschirr, Pfeffer- und Salzstreuern, Tabletts und Gläsern, die das italienische Label Alessi für Delta gestaltet hat.

Delta One Business Class
Delta One Business Class, © Andreas Spaeth

Alles vom sechseckigen Serviettenring bis zum geheimnisvoll gemusterten Kunststoff-Tablett und bestechend eckigen Teekannen. Fällt erst auf den zweiten Blick auf, soviel Raffinesse hätte man der zweitgrößten Airline der Welt gar nicht zugetraut.

Delta setzt überhaupt stark auf Co-Branding mit bekannten Marken: Die Kulturtasche ist von Tumi (besonders gefallen hat mir das kleine lilagraue Hartschalen-Etui auf dem Rückflug, auf dem Hinflug gab es ein schwarzes Täschchen), darin Kosmetik von Kiehl's, unter anderem eine sehr angenehme Grapefruit-Feuchtigkeitscreme. Geschlafen wird bei Delta unter Decken der Heavenly-Kollektion von Westin Hotels.

Delta WiFi
Delta WiFi, © Delta

Während ich einer R&B-CD aus dem Audioangebot des IFE-Systems lausche und gleichzeitig unseren Flug auf der interaktiven Karte verfolge (leider sehr wenig detailliert, kein Heranzoomen möglich) kommt zügig das Tablett mit den Vorspeisen, für die es keine Auswahl gab.

Dazu fahre ich das zweigeteilte Tischchen aus der seitlichen Konsole aus. Auf meinem Alessi-Tablett stehen farbenfroh angerichtet Zitronengras-Shrimps auf Fenchel-Mango-Salat mit Mangocoulis, plus ein Rucola-Radicchio-Salat, der seltsamerweise mit Erdbeeren und Roquefort-Käse plus Croutons serviert wird.

Croutons, eine andere Art, schwimmen auch auf der Suppe aus weißen Zwiebeln. Sieht schön aus, allerdings schmecken die Shrimps und die Suppe etwas matt, trotzdem ein gefälliges Ensemble. Für die vier Hauptgerichte des Frühlingsmenüs zeichnen nicht näher benannte holländische Köche verantwortlich, ungewöhnlich bei all der Prahlerei mit Starköchen anderenorts.

Es gibt Rinderfilet mit Kartoffelgratin, Mais-Poulardenbrust mit Polenta oder Trüffel-Raviolini mit Käsefondue (?!). Ich entscheide mich für Kabeljau mit Dijon-Senf-Kartoffelpüree, Hollandaise-Soße und gewürzten Meerbohnen.

Delta One Business Class
Delta One Business Class, © Andreas Spaeth

Und was soll ich sagen, es sieht nicht nur interessant aus, sondern schmeckt auch hervorragend. Die säuerlichen Meerbohnen passen hervorragend zum Fisch und Dijon-Senf-Aroma. Leider ist Burt sehr langsam im Kredenzen und Nachschenken von Wein, aber der argentinische Catena High Mountain Vines Chardonnay ist ein guter Partner für dieses Gericht.

Zum Dessert, wir sind ja in Amerika, kommt wie bei allen US-Gesellschaften der sprichwörtliche Sundae-Eisbecher auf den Tisch, auch wenn es wahlweise Schokoladen-Ganache mit Zimtjoghurt oder Käse gegeben hätte. Ich lasse mir rote Beerensauce und Nüsse über meine beiden Riesenkugeln Vanilleeis geben, nach meinem Geschmack viel zu viel davon.

Lecker, mit einem neckischen herzförmigen Löffel dargereicht. Kaum habe ich diese Gigantenportion ausgelöffelt kommt Burt mit dem Trolley zurück und raunt mir zu: "Noch eins?" Ich lehne dankend ab, bin schon voll. Nach ein wenig Arbeit, Schlaf auf dem angenehm langen (gut zwei Meter), aber nicht sehr breiten Bett und einem guten Film bin ich immer noch zu satt für den nächsten typisch amerikanischen Treat: Warme Chocolate Chip Cookies aus dem Ofen.

Erst als zwei Stunden später kurz vor der Landung wieder der Trolley anrollt, bin ich für Nahrung bereit. Und werde nicht enttäuscht, wie so oft zuvor auf Transatlantikflügen, wo sich manche Airline bei der zweiten Mahlzeit extrem wenig Mühe gibt. Delta dagegen erfreut mich mit Soba-Nudeln in einer Brühe mit Shiitake-Pilzen und Gemüse.

Die drei Stück Zitronengras-Hühnchen lasse ich liegen, aber der Rest ist ein sehr angenehmer Imbiss nach langem Flug. Der endet dann in der Tat nahezu pünktlich am Hartsfield-Jackson Atlanta International Airport. Bleibt nur noch das Anstehen bei der Einreise in übervoller Halle, aber dafür kann Delta nichts.

Bewertung


Ein überzeugendes transatlantisches Business-Produkt der zweitgrößten Fluggesellschaft weltweit. Die berühmte Southern Hospitality scheint hier durchaus durch, wenn die ordentliche Hardware durch eine entspannte Besatzung trefflich ergänzt wird.

Sobald Delta mit ihren Schiebetür-Suiten auf dem Markt ist dürfte ihre Business Class auch für die nächsten Jahre zu den führenden Angeboten aus Nordamerika zählen.

Andreas Spaeth


Andreas Spaeth fliegt. Viel. Auf PaxEx.de schreibt Spaeth, einer der führenden Luftfahrtjournalisten in Europa, über seine Erlebnisse als Passagier rund um den Globus.

Auf Twitter ist der Autor als @SpaethFlies unterwegs.
© Andreas Spaeth | Abb.: Airbus | 27.05.2017 01:32


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