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Joon – die Revolution, die keine ist

PARIS - Ab 1. Dezember werden alle fünf täglichen Air France-Flüge zwischen Berlin-Tegel und Paris-CDG von der Montag vorgestellten neuen Tochtermarke Joon übernommen. Gleiches gilt für alle bisherigen Air France-Flüge von Paris nach Lissabon, Porto und Barcelona.

Die Linien werden künftig alle mit Airbus A320-Jets mit dem neuen blau-weißen Joon-Livery bedient, ab 39 Euro pro Strecke. "Wir haben diese Routen ausgewählt, weil auf ihnen eine starke Präsenz der Billigflieger herrscht und wir unser Angebot da auffrischen müssen", sagte Jean-Michel Mathieu heute in Paris, CEO der neuen Air France-Tochter.

"Joon ist ein Hebel für Air France, wieder in die Offensive zu gehen", betont Air France-Chef Franck Terner, "Joon steht für unsere erneuerte Eroberung des Marktes und ist ein Innovationslabor, dessen Ergebnisse später auch auf die ganze Air France übertragen werden könnten."

Zum Beginn des Sommerflugplans 2018 Ende März beginnt Joon dann auch Langstreckenflüge mit modernisierten Airbus A340-300, die derzeit noch für die Mutterfirma fliegen. Die ersten Ziele sind Fortaleza in Brasilien (zweimal wöchentlich, ab 249 Euro pro Strecke), wo Joon dem brasilianischen Billigflugpartner GOL Passagiere zuführen soll.

Anfängliches Streckennetz von Joon
First Joon Routes, © Air France

Dreimal wöchentlich wird Mahé auf den Seychellen bedient (ab 299 Euro), beide Ziele sind derzeit nicht im Streckennetz der Air France.

Air Frances Ziel damit ist, Kosten zu sparen. Über die Höhe der Einsparungen gab die Führungsspitze keine Auskunft. Allerdings setzt sie anders als etwa Eurowings auf Langstrecken oder die neue IAG-Marke Level weniger auf Eigenständigkeit, sondern betont die enge Bindung an Air France, um eine Produktkonsistenz zu gewährleisten, gerade für Umsteiger, die in CDG auf einen Flug der Mutter wechseln.

Joon bietet daher wie Air France drei Klassen an, Business, Premium Economy und Economy. "Joon soll durch höhere Produktivität und mehr Effizienz wettbewerbsfähiger sein", so ihr Chef Jean-Michel Mathieu. Signifikant können die Einspareffekte nicht sein, machten doch die Piloten kaum Zugeständnisse.

"Unsere Piloten werden Flugzeuge beider Marken fliegen, also Air France und Joon", so Mathieu. Lediglich Kabinenbesatzungen, von denen derzeit 140 neu eingestellt werden, verdienen weniger als ihre Kollegen bei der Konzernmutter.

Bis 2020 will Joon tausend eigene Flugbegleiter beschäftigen, bis dahin soll die derzeit geplante Maximalgröße der Joon-Flotte aus 18 A320 und zehn Langstreckenflugzeugen erreicht sein. Ab 2019 werden werksneue A350 zur Joon-Langstreckenflotte gehören und die betagten A340 ablösen.

Digital, ohne WLAN


Das Branding von Joon soll sich an eine jüngere Zielgruppe, die sogenannten Millennials richten. Dieser Begriff tauchte heute bei der Präsentation in Paris allerdings kaum auf. Die Tatsache, dass weder die Kurzstreckenjets (wie etwa bei Lufthansa oder Norwegian) und nicht einmal die A340 auf Langstrecken über Internet-Zugänge verfügen dürfte bei der angepeilten Kundschaft aber wenig Begeisterung auslösen.

Air France-KLM ist ohnehin der Branche weit hinterher im Angebot von Internet an Bord, erst die neuen A350 werden ab 2019 serienmäßig damit ausgerüstet sein. Air France versucht, Joon als "chic, zurückgelehnt, digital und umweltfreundlich" zu positionieren, so Franck Terner, die Marke wolle "innovativ sein und überraschen".

Weiße Turnschuhe für die Flugbegleiter

Joon sei kein Billigflieger, sondern ein Hybrid, daher erhalten Passagiere in allen Kabinen Heißgetränke, Wasser und Orangensaft gratis, auf Langstrecken sind auch bis zu zwei Mahlzeiten inkludiert. Beim Gepäck soll es eine "Light"-Option geben, ohne aufzugebendes Gepäck.

Turnschuhe für die Flugbegleiter
Turnschuhe für die Flugbegleiter, © Air France

Joon soll bis zur Betriebsaufnahme im Dezember eine eigene Zulassung (AOC) erhalten, wird aber zunächst unter Air France-Flugnummern fliegen. Beim Logo habe man bewusst auf den Akzent (den -hier blauen- Schrägstrich) gesetzt, um sich an die Mutter anzulehnen.

Insgesamt aber bleibt die Frage, warum Air France mit viel Aufwand eine derartige Marke einführt, der ihr Kernproblem der zu hohen Kosten kaum voranbringt. Es war bezeichnend dass in Paris die beiden Marken-Chefinnen zweimal betonten, dass Joon "als erste in der Luftfahrt" eine "Revolution" einführe: Die Kabinenbesatzung trägt zu ihren schmucken blauen, Matrosen-ähnlichen Uniformen nämlich weiße Turnschuhe.

Da haben die hoch bezahlten Branding-Experten allerdings ihre Hausaufgaben nicht gemacht: Southwest Airlines in den USA hatte bis 2016 rund zwanzig Jahre lang Kabinenbesatzungen in Turnschuhen. Ob das ein gutes Omen für Joon ist?
© Andreas Spaeth, aero.de | Abb.: Air France | 25.09.2017 14:05

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Beitrag vom 25.09.2017 - 23:42 Uhr
Warum so negativ. In brasilianischen Zeitungen liest man das es bei Joon Virtual Reality Brillen geben wird. Ist doch mal was neues. Da geht aero.de garnicht drauf ein. Das Thema Digital wurde nicht nähergehend erläutert.
Beitrag vom 25.09.2017 - 18:59 Uhr
Also mit "Hybrid"-Carriern hat man in Deutschland eher schlechte Erfahrungen ...


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