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C Series: Großraumkomfort erstmals auf Kurzstrecken

ZÜRICH - Eine Woche vor dem kommerziellen Erstflug der C Series von Zürich nach Paris zeigt Launch Customer Swiss das erste Serienflugzeug. Die erste Hälfte des Jahres 2016 war eine aufregende Zeit für Swiss, die erfolgreichste Airline der Lufthansa Group.

Im Februar führte Swiss die Boeing 777-300ER in ihre Flotte ein. Die größte Version der 777 allerdings ist auf globaler Ebene keine Neuheit mehr, aber jetzt ist es anders: Swiss führt am 15. Juli die Bombardier C Series CS100 ein, den ersten völlig neu entwickelten Passagierjet seit Jahrzehnten.

Swiss Bombardier CS100
Swiss Airbus A220-100, © Swiss

Eine Woche zuvor präsentierte die Gesellschaft das erste Serienflugzeug in Zürich den Medien, dabei hatte auch PaxEx.de die Chance, Kabineneinrichtung und Performance des Flugzeugs aus erster Hand zu erleben.

"Weil dies eine Weltpremiere ist, halte ich die C Series definitiv für unser neues Flaggschiff", sagt Peter Koch, der Flottenchef der C Series bei Swiss, "aber natürlich ist für einen Flugkapitän sowieso immer jeweils das Flugzeug, das er fliegt, das wichtigste", gibt er zu, lächelt und denkt dabei an seine Kollegen im 777-Cockpit.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100 Interior, © Andreas Spaeth

Nach einer spektakulären Ankunft in Zürich vergangenen Freitag vom Auslieferungsflug ab Montréal-Mirabel, dem Sitz der Bombardier-Endfertigung für die C Series, via Dublin, rückt jetzt der kommerzielle Erstflug näher. Bei der Landung wurde das erste Flugzeug, registriert HB-JBA, MSN 50010, von der einzigen noch flugtauglichen und in der Schweiz betriebenen Lockheed Super Constellation mit einem Formationsflug begrüßt.

Der erste reguläre Linienflug jemals wird LX638 sein, der in Zürich am Freitag den 15. Juli um 12.30 Uhr nach Paris-CDG startet. Und Swiss-CEO Thomas Klühr gibt sich selbstbewusst: "Dieses Flugzeug senkt unsere Produktionskosten um 25%, halbiert sowohl die Wahrnehmung von Fluglärm als auch den CO2-Ausstoß und schafft auch noch 150 neue Jobs", sagte er bei der Vorstellung des Flugzeugs.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100 Interior, © Andreas Spaeth

Die Lufthansa Group ging ein Risiko ein, als sie das kanadische Flugzeug 2009 bestellte. Alle derzeit 30 Festbestellungen der Gruppe (ein Mix aus der Basisversion CS100 und der größeren CS300) sollen von Swiss betrieben werden. "Jetzt, sieben Jahre und zwei Milliarden US$ später sehen wir das Ergebnis", begeisterte sich Klühr.

In diesem Jahr wird die Gesellschaft neun CS100 erhalten, die nächste Maschine im August. Die lettische Air Baltic hingegen ist Erstbetreiber der längeren CS300 und wird das erste je gelieferte Flugzeug im September erhalten. Swiss installiert 125 Sitze mit 76,2 cm (30 Zoll) Abstand in einer 2-3-Konfiguration in ihren CS100, während sie in der CS300 insgesamt 145 Passagiere unterbringen wird.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100 Interior, © Andreas Spaeth

Das Flugzeug, das von außen ziemlich kompakt wirkt, strahlt innen die Atmosphäre eines Großraumjets aus, etwa durch die riesigen Fenster und die ausgewachsene Kabinenhöhe. Swiss hat sich für intelligent gestaltete Sitze des deutschen Herstellers ZIM entschieden, der auch für die Premium Economy Class-Bestuhlung auf Lufthansa-Langstrecken verantwortlich zeichnet.

Die Sitze sind in elegantem, braunen Leder bezogen, leider ist die Kopfstütze nicht verstellbar. Der Klapptisch an jedem Sitz ist auf innovative Weise nur mit einem einzigen Arm in der Mitte verankert, an Stelle der sonst üblichen zwei Arme pro Tisch. Zwei kleine, mit einem Netz versehene Sitztaschen zu beiden Seiten der Tischstütze eignen sich gut etwa für eine Wasserflasche.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100 Interior, © Andreas Spaeth

Dieses sind dünne, sogenannte Slimline-Sitze, und der Abstand von 30 Zoll ist großzügig, auch für größer gewachsene Passagiere. Der Mittelsitz verfügt über das Privileg, gut einen Zentimeter breiter zu sein als die anderen. Jeder Sitz ist von einem silbernen, Aluminium nachempfundenen Rahmen eingefasst, an dem sich auch geschickt positionierte Kleiderhaken finden, und der den Lederbezug auf der Vorderseite vom Verbundmaterial der Rückseite abgrenzt.

Die Fenster in den Notausstiegstüren über den Tragflächen sind kleiner als die anderen Kabinenfenster und die Sonnenblende ist geschickt in mehrere Einzellamellen aufgeteilt, wobei das zu etwas Widerstand führt bei dem Versuch, sie herunterzuziehen.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100 Interior, © Andreas Spaeth

Die innovativste Neuerung in der Swiss CS100-Kabine jedoch scheinen die Mini-Bildschirme zu sein, die sich über jeder Sitzgruppe in dem Servicemodul über den Köpfen befindet, also je zwei pro Sitzreihe. Ein gelungener Kompromiss zwischen individuellen Bildschirmen in den Rückenlehnen, wie man sie in Langstreckenflugzeugen findet, und den unbeliebten, über den Köpfen ausklappbaren Bildschirmen alle paar Reihen.

Die sind, je nach Position des Passagiers und des nächsten Bildschirms, oft sehr schwer zu erkennen. Sie werden nicht für Bordunterhaltung genutzt, sondern vor dem Start für das Sicherheits-Briefing sowie die interaktive Flugkarte während des gesamten Flugs, während ausklappbare Bildschirme bei Start und Landung nicht zur Verfügung stehen.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100 Interior, © Andreas Spaeth

Auf dem ersten Vorführflug mit Passagieren in der Swiss CS100 starteten die Kapitäne Daniel Nater und Markus Juchli, Chef-Fluglehrer für die C Series bei Swiss, von Bahn 19 und demonstrierten dabei eindrucksvoll sowohl die geringe Geräuschentwicklung in der Kabine als auch die immense Schubkraft ihrer "PurePower" PW1000-Triebwerke.

Flottenchef Peter Koch saß derweil in der Kabine und erklärte, dass dieses Flugzeug in einer reinen Business Class-Bestuhlung nonstop vom London City Airport die Ostküste Nordamerikas erreichen könnte. Anders als der Airbus A318, mit dem British Airways von hier auf dem Trip nach New York-JFK auf dem Hinweg einen Tankstopp in Shannon einlegt.

Swiss Bombardier CS100 Interior
Swiss Bombardier CS100, © Andreas Spaeth

"Für mich werden sowieso die Flüge von und nach London City der aufregendste Teil meiner Arbeit im Cockpit der C Series werden", begeisterte sich Peter Koch. Sobald alle nötigen Lizenzen und Genehmigungen vorliegen will Swiss dorthin im ersten Quartal 2017 starten.

Avro-Jets verlassen Swiss innerhalb eines Jahres

Nach Paris-CDG werden Manchester, Prag und Budapest unter den ersten Zielen im Swiss-Streckennetz sein, die häufig Landungen der CS100 sehen werden. Während immer mehr Flugzeuge hinzukommen, sollen die vierstrahligen Avro-Jets bis Juli 2017 ersetzt werden. Bereits im August dieses Jahres werden Warschau und Brüssel zu CS100-Zielen werden, gefolgt im September von Nizza, Stuttgart, Hannover, Mailand, Florenz und Bukarest.

"Florenz ist noch so ein schwieriger Flughafen mit einer kurzen Bahn, von Bergen umgeben", so Peter Koch. Wie dieser gerade 47 Minuten lange Flug über die schönsten Alpenpanoramen der Schweiz inklusive dem Matterhorn zeigte, können Passagiere sich über eine komfortable, angenehme Reise auf dem Niveau der neuesten Generation von Airlinern freuen, die etwa dem Erlebnis in einer Boeing 787 oder einem Airbus A350 in nichts nachsteht.

Nur dass dies jetzt zum ersten Mal auch auf der Kurz- und Mittelstrecke verfügbar ist.

Lesen Sie auch den PaxEx.de- / @SpaethFlies-Artikel "Kompakt von draußen, Großraumkomfort drinnen" zum ersten Flug des Autors mit der C Series vom 06. Juni 2016.

Andreas Spaeth


Andreas Spaeth fliegt. Viel. Auf PaxEx.de schreibt Spaeth, einer der führenden Luftfahrtjournalisten in Europa, über seine Erlebnisse als Passagier rund um den Globus.

Auf Twitter ist der Autor als @SpaethFlies unterwegs.

© Andreas Spaeth | Abb.: Andreas Spaeth | 07.07.2016 14:35

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Beitrag vom 09.07.2016 - 01:29 Uhr
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Als ob der Platz nach erfolgter Einweisung auf einmal nicht mehr anspruchsvoll wäre :D

Modhinweis
Beitrag bearbeitet wegen Verletzungg der Nutzungsregeln, -Bedingungen.
Fly-away
Moderator

Dieser Beitrag wurde am 09.07.2016 23:00 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 08.07.2016 - 10:35 Uhr
also als Kunde/Passagier reizt einen die Kombination hoher Komfort und gutes Raumgefühl ("Großraumkomfort") auf der Kurzstrecke natürlich schon sehr, aber als Betreiber soll das rentabel sein?
Beitrag vom 08.07.2016 - 08:45 Uhr
Bist du Pilot? Sicher nicht.
Sicher JA

Florenz ist ein sogenannter CAT C Platz,

das ist doch klar

dh. mit besonderer Einweisung des Kapitäns. Schwierige WIndverhältnisse, ein hoher Berg hinter der einen Bahn,oft mit Rückenwind rein, meistens mit Rückenwind raus. Dazu noch recht kurz. Ich fliege FLR oft an und es ist wirklich ein anspruchsvoller Platz.

Also entweder man schafft die Einweisung oder nicht ansonsten kann man auch den Job wechseln noder ??


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